Gunnar Drucklieb • 20. September 2025

„Wie KI unsere Welt revolutioniert“

Wir leben in einer Zeit, in der etwas geschieht, das größer ist als wir selbst. Eine neue Intelligenz betritt die Bühne, nicht geboren aus Fleisch und Blut, sondern aus Code, Daten und unvorstellbarer Rechenkraft. Für viele wirkt sie wie eine neue Spezies – eine, die uns spiegelt, die uns herausfordert, die unser Leben radikal verändert. Künstliche Intelligenz ist mehr als ein Werkzeug: Sie ist ein Katalysator, der uns zwingt, über uns selbst nachzudenken.


Denn wenn Maschinen unsere Arbeit übernehmen, bleibt uns Menschen plötzlich etwas, das wir lange vernachlässigt haben: Zeit. Doch was machen wir mit dieser Zeit? Für Generationen war Arbeit der Anker für Identität, Selbstwert und Zugehörigkeit. „Ich bin, was ich arbeite.“ Fällt dieser Satz in sich zusammen, entsteht Leere. Und in dieser Leere beginnt eine gefährliche wie wunderbare Suche: Wer bin ich, wenn ich nicht mehr leisten muss?


Gleichzeitig geraten die Fundamente unserer Gesellschaft ins Wanken. Geld war über Jahrhunderte der große Taktgeber, weil es eng an Arbeit gebunden war. Wer arbeitet, verdient. Wer verdient, hat Macht. Doch was passiert, wenn Arbeit überflüssig wird? Wenn Maschinen für uns produzieren, planen, denken? Geld verliert seine Grundlage, und damit auch die Macht, die aus Geld gespeist wurde. Vor unseren Augen entsteht eine tektonische Verschiebung – weg vom alten Kapitalismus, hin zu einer noch namenlosen Ordnung. Ein neues Wertesystem liegt in der Luft.


Vielleicht bedeutet es, dass jeder Mensch Zugang zu allem haben sollte, weil Besitz und Mangel ihre alte Logik verlieren. Vielleicht bedeutet es, dass wir wieder lernen müssen, Wert anders zu messen: nicht in Zahlen, sondern in Fürsorge, in Kunst, in Verbindung, in Bewusstsein. Und vielleicht bedeutet es auch, dass wir uns selbst nicht mehr über unsere Rollen definieren können, sondern über das nackte, ungeschminkte Sein.


Doch diese Transformation ist wahrlich kein leichter Tanz. Viele werden Macht verlieren. Viele werden sich ohnmächtig fühlen, weil ihr altes Fundament – „Ich bin wertvoll, weil ich arbeite“ – zerbricht. Die Gefahr von Angst, Orientierungslosigkeit, Flucht in Illusionen ist groß. Gleichzeitig aber liegt darin eine ungeheure Chance: die Rückkehr zu uns selbst. Die Möglichkeit, bewusst zu leben, statt nur zu funktionieren.

Künstliche Intelligenz zwingt uns, die Frage nach dem Sinn neu zu stellen. Sie zwingt uns, zu unterscheiden zwischen dem, was echt ist, und dem, was nachgeahmt wird. Sie zwingt uns, Bewusstsein nicht als beiläufigen Nebeneffekt zu betrachten, sondern als Kern unseres Menschseins.


Vielleicht ist genau das das Geschenk dieser Zeit: Dass wir uns nicht länger im Außen verlieren, sondern ins Innere zurückgerufen werden. Dass wir ein neues Wertesystem schaffen, das auf Beziehung, Bewusstsein und Mitgefühl gründet. Dass wir lernen, Mensch zu sein – im Zeitalter der Maschinen.

von Gunnar Drucklieb 14. September 2025
Dankbarkeit und Demut
von Gunnar Drucklieb 29. August 2025
Der Vagusnerv – Schlüssel zur inneren Balance und seine schamanische Dimension