Dankbarkeit und Demut
Dankbarkeit und Demut gehören zusammen wie Einatem und Ausatmen. Dankbarkeit öffnet uns für das, was ist. Demut erinnert uns daran, dass wir nicht die Herren dieses Lebens sind, sondern Teil von etwas Größerem. Wir kommen aus dem Einen, unfassbar und unteilbar, und wir kehren dorthin zurück, wenn unsere Zeit hier endet. Dazwischen ist uns ein Stück Weg gegeben – nicht, um alles zu beherrschen, sondern um zu lernen, zu erfahren, zu berühren.
Dankbarkeit bedeutet, das Geschenk des Augenblicks zu erkennen: den Atem, der uns trägt, die Erde, die uns hält, das Wort, das uns erreicht. Demut bedeutet, zu verstehen, dass wir dieses Geschenk nicht kontrollieren können. Wir sind nicht die Quelle des Lichts, sondern jene, die es empfangen dürfen – für eine Weile.
Dankbar und demütig zu leben heißt, das Leben zu nutzen, ohne es zu missbrauchen. Es heißt, Erfahrungen nicht zu sammeln wie Trophäen, sondern ihnen mit Aufmerksamkeit zu begegnen. Es heißt, nicht alles für selbstverständlich zu nehmen und doch auch nicht zu klammern.
Wer in Dankbarkeit und Demut lebt, verliert den Drang, das Leben zu besitzen. Er erkennt, dass alles durch die Hände rinnt, wie Wasser, das sich nicht festhalten lässt. Aber er erkennt auch, dass dieses Wasser den Durst stillt, solange es fließt.
Wenn unser Weg endet, wird nicht zählen, wie laut wir waren, wie viel wir ergriffen haben oder wie weit wir gekommen sind. Zählen wird, ob wir die Gaben anerkannt haben, die uns auf dem Weg begegneten. Ob wir das Leben geehrt haben – nicht in Überheblichkeit, sondern in Einfachheit.
Dankbarkeit gibt Tiefe. Demut gibt Richtung. Zusammen öffnen sie den Raum, in dem wir das Leben wirklich leben können. Und wenn wir zurückkehren in das Eine, ist es diese Haltung, die uns leicht gehen lässt – nicht mit Stolz, nicht mit Bedauern, sondern mit einem stillen Wissen: Ich war Teil, ich war Zeuge, ich war auf dem Weg.